NZ Weibelhäxxa Gattnau e.V.
Nauf d´ Buckel Nab d´ Buckel

Die Geschichte der Weibelhäxxa Gattnau

Bereits im 15. Jahrhundert hatte sich die Hexenverbrennung im Bodenseeraum durchgesetzt und gehörte zum Alltag der Bürger. Ob jemand als HäXxa verurteilt wurde, entschied ein Gericht, das sich aus angesehenen Bürgern des Ortes zusammensetzte. Als HäXxa galten vor allem Frauen und Mädchen. Für manche reichte es schon aus, wenn eine Frau einem zu lange in die Augen schaute oder eine zu intensive Augenfarbe hatte - das war nicht normal - also magisch und somit war diese Person automatisch eine HäXxa. Auch Männer wurden gejagt, entweder weil sie den Frauen halfen oder weil sie selbst etwas „Magisches“ an sich hatten, was manchen Dorfbewohnern nicht passte.In Gattnau, einem kleinen Ort oberhalb von Kressbronn am Bodensee, gab es auch in dieser Zeit Arbeiterinnen, die verdächtigt wurden. Sie wohnten in Kressbronn, gingen aber jeden Tag hinauf nach Gattnau, um auf den Feldern zu arbeiten. Sie waren froh über jede Arbeit. Abends, nach getaner Arbeit, liefen sie wieder nach Hause. Warum nahmen sie diese Strapazen auf sich? Warum gingen sie jeden Tag den Buckel hinauf und wieder hinunter? Die Dorfbewohner wunderten sich immer mehr, und so gerieten die Arbeiterinnen in den Verdacht, auf dem Feld etwas zu tun, was der Arbeit zuwiderlief und nicht geduldet werden konnte. Man glaubte, sie würden heimlich Pflanzen und Kräuter vom Feld mitnehmen, um daraus Allheilmittel zu brauen - die Medizin war damals noch nicht so ausgereift, und so schwor man auf Kräutersäfte. Doch wer sie mischen konnte und ob sie noch halfen, war kein gutes Omen. Es sei denn, man war Arzt.Die Arbeiterinnen wurden lange beobachtet und man kam zu dem Schluss, dass es sich nur um eine HäXxa handeln konnte. Sie waren nie krank und gingen jeden Tag geschlossen zur Arbeit. Es sprach sich schnell herum, dass es sich um HäXxan handelte, und schon am nächsten Tag sollte ihnen der Prozess gemacht werden. Auch die Angeklagten hörten davon und waren gewarnt.Verzweifelt überlegten sie, was sie tun könnten, um ihre Unschuld zu beweisen. Einige wollten fliehen, andere sich dem Prozess stellen und ihre Unschuld beteuern - aber würde ihnen jemand glauben? Gab es überhaupt Beweise, die für eine Verurteilung ausreichten - man muss dazu sagen, dass kaum ein Prozess im Sinne des Angeklagten ausging, die Chancen also sehr gering waren. Nach reiflicher Überlegung wurde ihnen klar, dass sie sich in einer ausweglosen Situation befanden und eigentlich keine andere Chance hatten, als sich dem Schicksal zu ergeben.Eine der verdächtigten Frauen erhob sich und überredete die anderen zur Flucht. Die Flucht war besser als das, was sie erwartete. Sie beschlossen, ihre Habseligkeiten zu packen und sich um Mitternacht an den Wachen vorbei aus dem Dorf zu schleichen. Sie überlegten, wie sie die Wachen ablenken könnten, wie und vor allem wohin sie fliehen könnten. Die Frage nach dem Wohin konnte nicht beantwortet werden, also brachen sie ohne weiteren Plan auf und schlichen mit Sack und Pack davon.Als sie am nächsten Tag zur Gerichtsverhandlung abgeholt werden sollten, waren sie schon seit Stunden unterwegs und hatten einen Vorsprung. Der Richter schickte Soldaten und Wachen aus, um die Flüchtigen zu finden und wieder einzufangen, denn sie hatten mit ihrer Flucht den besten Beweis für die Hexerei geliefert. Die Frauen waren erschöpft vom vielen Laufen, aber sie wussten, wenn sie sich jetzt ausruhen würden, würden die berittenen Soldaten sie schnell einholen und ihr Schicksal wäre besiegelt. Dennoch beschlossen sie, sich ein paar Minuten auszuruhen, aber sie schliefen ein. Erst als sie den Hufschlag eines Pferdes hörten, erwachte eine von ihnen in Panik und rief den anderen zu: „Lauft schnell in den Wald. Beeilt euch. Sie kommen, sie sind gleich da!“. Vor Schreck brauchten sie ein paar Sekunden, um zu reagieren, und als sie wieder bei Sinnen waren, rannten sie so schnell wie möglich in den Wald und versteckten sich. Es dauerte Tage, bis die Soldaten aus den Wäldern abgezogen waren. Die Flüchtlinge blieben noch einige Zeit in ihren Verstecken und hielten sich bedeckt. Als sie sich sicher fühlten, kamen sie aus ihrem Versteck heraus, denn sie wussten, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu fliehen, und so beschlossen sie, noch tiefer in den Wald vorzudringen und dort eine Behausung zu bauen. Sie ernährten sich von allem, was sie fanden - von Früchten, Waldtieren, Kräutern und Sträuchern. Die Tiere waren sehr nützlich, denn sie konnten ihre Felle als Decken und Umhänge verwenden, die sie warm hielten. Sie sammelten viel Laub und Gestrüpp, um sich zu verstecken.Nach Wochen der Abgeschiedenheit gingen sie auf die Jagd, wagten sich zum ersten Mal weiter hinaus und fanden bessere Beute für die Gruppe, die sie einpackten. Doch als sie sich ansahen, erschraken sie. Eine bleicher als die andere, eine verlaust und zerzaust als die andere. Nach einer Weile merkten sie, dass sie im Weibelwald waren. Der Weibelwald war ein Zufluchtsort für Aussätzige und Ausgestoßene. Die Bewohner des Waldes nannte man Weibel. Die Gruppe nahm den Namen schnell für sich an, denn niemand ausser ihnen war in diesem Wald und so wurden sie als HäXxa verschrien und so wurden sie zu den Weibelhäxxa Gattnau. Das gab ihnen Kraft und Stärke, sie zogen an einem Strang und halfen sich gegenseitig, wo es nur ging. Nach Jahren der Ruhe wagten sich einige Weibelhäxxa aus dem Wald. Sie wussten, dass es sehr, sehr gefährlich sein konnte und waren immer gut getarnt. Wie alte Mütter trugen sie ein Kopftuch, bei manchen sah man ein wenig Haar, bei anderen versteckten sie es ganz. Ein Pelz als Umhang und ein Rock mit Blättern. So wie sie aussahen, dachte man, es seien alte Frauen auf dem Weg zum Markt. Als sie ins Dorf kamen, sahen sie, dass die Hexenverfolgung noch nicht zu Ende war. Sie waren vorsichtig, sprachen möglichst wenig, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und verschwanden so schnell wie möglich wieder im Weibelwald.Seit dieser Zeit, so die Sage, werden sie nur noch einmal im Jahr im Dorf gesehen, wie sie ihren Schabernack treiben. Doch was aus den WeibelHäXxa wirklich geworden ist, weiß niemand.

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